Wörtlich genommener Freiraum

12. Juni 2015

Acht Absolventen des Kurses „Gestalter im Handwerk“ präsentieren ihre Abschlussarbeiten


Möbel zum Zusammenstecken, Umhängetaschen aus Holz und eine Aufforderung an alle Erwachsenen zu spielen und querzudenken –die Eröffnung der Ausstellung „Unikate – die sechste“ am 19. Mai im Wasserschloß Klaffenbachmachte dem Motto der Schau, „freiraum“, alle Ehre. Auf der „Unikate“ präsentieren traditionell die Absolventen des Kurses „Gestalter im Handwerk“ ihre Abschlussarbeiten, seit nunmehr 23 Jahren bietet die Handwerkskammer diese spezialisierte Form der Weiterbildung an. Neben den Prüfungsarbeiten der Absolventen – acht sind es in dem nun zu Ende gegangenen Kurs – sind in Klaffenbach noch bis zum 12. Juli auch Studienarbeiten zu sehen sowie traditionell Ausstellungsstücke vorangegangener Absolventengenerationen.


Kluge und innovative Produkte


Zweieinhalb Jahre, 1.200 Stunden lang, lernen Handwerker im Gestalterkurs Grundlagen im Naturstudium, im Gestalten, in der Bearbeitung von Werkstoffen, die sie aus ihren angestammten Gewerken oft nicht kennen, sie erlangen aber auch profundes Wissen in den Disziplinen Marketing und Patentrecht. Am Ende des Gestalterkurses sind die Absolventen in der Lage, funktional kluge, gut gestaltete und oft genug überraschende und innovative Produkte nicht nur herzustellen, sondern auch zu vermarkten.

Dr. Frederik Karsten, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Chemnitz, lobte das Wissen, das im Gestalterkurs vermittelt wird, als „roten Faden“, der den Absolventen eine Basis biete, „auf dem Markt zu bestehen und sich selbst und ihre Produkte weiterzuentwickeln“.

Absolventin Claire Heinl, Drechslerin und Spielzeugmacherin, entwickelte im Kurs Spielzeugfiguren, deren Einzelteile – Kopf, Körper, Gliedmaßen – sich frei kombinieren und mit Magnetkraft zusammenfügen lassen. Ein Esel mit Vogelkopf, der dabei etwa entstehen kann, ist als pädagogisches Spielutensil für Kleinkinder gedacht, bereitete aber auch den überwiegend erwachsenen Besuchern der Vernissage viel Freude.


Diskret verstautes Klopapier


Absolvent Peter Ludwig hatte das Kursmotto „freiraum“ wörtlich genommen. Er erschloss den ungenutzten Raum in den Trockenbaukonstruktionen, die in modernen Bädern Wasser- und Abwasserleitungen verbergen. Hinter Klappen und Schüben lassen sich so diskret Klopapier, Kosmetika, aber auch ein Wäschetrockner verstauen.

Ergotherapeutin Antje Oehme stellte für die Prüfungskommission und für die Ausstellung ein Spiel für Erwachsene her. Mit Acrylstäben, Magneten, rotem Zwirn sollen Erwachsene damit im Spiel Logik und Kombinationsgabe herausfordern. Sebastian Riedel schloss den Gestalterkurs mit seiner „hiddsch“ ab, einem Utensil, das, vom Skifahrer zwischen zwei Skistöcke gehängt, als Sitzgelegenheit auf der Piste dient, aber um die Lendengebunden auch den Rücken schützt und dem Telefon eine sichere Aufbewahrung bietet.


Kein Platz in der Schau für riesige Bank

Tischler Ronny Thierfelder kombiniert in seiner inzwischen als Marke eingetragenen Möbelserie Stäack Multiplex-Holz und Aluminium-Verbundmaterial zu flexibel und leicht montierbaren Möbeln.

Claudia Uhligs Ausstellungsstück – eine riesige Liege aus schwungvoll und ergonomisch geformtem Pappelholz – fand keinen Platz in der Ausstellung, sondern wurde ihrer Größe und zugedachten Funktion wegen im Park hinter dem Wasserschloss aufgebaut.

Drechsler Volkmar Wagner baute in seiner Abschlussarbeit dem traditionellen erzgebirgischen Kunsthandwerk eine Brücke zu Sammlern und Kunden: Er entwarf Präsentationsobjekte in der gestalterischen Sprache des Kunsthandwerks, auf denen Produkte der erzgebirgischen Volkskunst ins rechte Licht gerückt werden können.

Annette Wurlitzer schließlich fertigte Umhängetaschen aus Holz und Filz. Die Hülle der Taschen besteht dabei aus baumrindendick und kreisförmig abgeschnittenem Holz – einem Stück Baum zum über die Schulter hängen gewissermaßen.

Dozent und Ausstellungskurator Gunther Springsguth würdigte in seiner Rede an die Gestalter deren Leistung, in Vollzeit im Handwerk zu arbeiten und gleichzeitig zweieinhalb Jahre lang freitags und samstags die Schulbank zu drücken.